Mai 25, 2021

Massimo Buonavita | Mérieux NutriSciences Italy

HERKUNFT DER PRIMÄREN ZUTAT: EINE BILANZ NACH EINEM JAHR DES INKRAFTTRETENS

Es ist nun ein Jahr her, dass die EU-Verordnung 775/2018 zur Angabe des Ursprungs der primären Zutat in Kraft getreten ist, welche - zusammengefasst - in all den Fällen gilt, in denen die Kennzeichnung eines Lebensmittels eine Angabe zum Ursprung des Produkts enthält, während seine primären Zutaten einen anderen Ursprung haben. In diesen Fällen muss die Kennzeichnung auch den unterschiedlichen Ursprung der primären Zutat(en) angeben.

Aufgrund der erheblichen Auslegungsunsicherheiten, die die Veröffentlichung dieser Regelung hervorgerufen hatte, gab die EU-Kommission einen Leitfaden heraus, der etwaige Zweifel ausräumen und damit eine einfachere und eindeutige Anwendung der Regelung ermöglichen sollte. Während jedoch in einigen Punkten für hinreichende Klarheit gesorgt werden konnte, besteht in anderen Punkten weiterhin Unsicherheit.

Das zentrale Problem, das auch heute noch offen bleibt, ist die Identifizierung der primären Zutat bzw. der primären Zutaten eines Lebensmittels, denn selbst in Anbetracht der oben erwähnten Anwendungsrichtlinie entschied sich die Kommission nicht für das "quantitative" Kriterium, wonach die primäre Zutat diejenige ist, die ein  Menge von mehr als 50 % eines Produkts ausmacht, sondern für das "qualitative" Kriterium, wonach die primäre Zutat diejenige ist, die auf dem Etikett hervorgehoben wird, z.B. in der Verkehrsbezeichnung oder in einem Claim.

Die Kommission entschied sich im Gegenteil vielmehr dafür, die beiden Kriterien auf die gleiche Stufe zu stellen und dem Unternehmen die Wahl und natürlich auch die Verantwortung zu überlassen, das jeweils geeignetste Kriterium für das betreffende Produkt zu ermitteln, und zwar auf der Grundlage der Art des Erzeugnisses sowie seiner Aufmachung und Kennzeichnung und des jeweils vorherrschenden Informationsinteresses des Verbrauchers in Bezug auf die Herkunft der Zutaten.

In anderen Worten, die Unternehmen mussten für jedes ihrer Produkte jedes Mal das jeweils geeignetste Kriterium ermitteln, um festzustellen, welches die primäre Zutat ist, wobei sie die vielen oben genannten Faktoren berücksichtigen mussten, darunter auch den am schwierigsten und umstrittensten zu bewertenden, nämlich das Informationsinteresse des Verbrauchers. 

Diese Situation wird nun noch komplizierter, wenn man bedenkt, dass sich die Unternehmen zusätzlich zur Wahl der primären Zutat zuweilen vor die Wahl gestellt sehen, die Herkunft der Zutat im Sinne des Ortes, an dem sie zuletzt verarbeitet wurde, oder im Sinne des Herkunftsortes (Anbau oder Landwirtschaft) der Rohmaterialie anzugeben.

Wenn sich die Wahl bei einfachen oder aus nur einer Zutat bestehenden Produkten, bei denen die quantitativ wichtigste Zutat auch diejenige ist, die auf dem Etikett hervorgehoben wird, und bei denen das überwiegende Interesse des Verbrauchers darin besteht, den Herkunftsort des Rohmaterials und nicht den Ort seiner Verarbeitung zu kennen, als recht einfach erwiesen hat, ist die Entscheidung bei komplexeren Produkten, bei denen jedes Mal eine eingehende Prüfung des Produkts und dessen Aufmachung erforderlich ist, welche nicht immer zu einem Ergebnis ohne Unsicherheiten und ohne mögliche unterschiedliche Interpretationen führt, nicht so leicht gefallen.

Als Ergebnis hat sich besonders in den komplexesten Fällen herausgestellt, dass zwei von Unternehmen häufig getroffenen Entscheidungen insbesondere darin liegen:

  • aus der Kennzeichnung jegliche Angabe zum Ursprung des Endprodukts zu entfernen, um die Verpflichtung zur Angabe des Ursprungs der primären Zutaten ausschließen zu können;
  • den Ursprung der primären Zutaten selbst oder anderer Zutaten zu deklarieren, wenn dieser Ursprung deutsch oder in jedem Fall kommunikativ vorteilhaft ist, ohne jedoch auf dem Etikett auch den allgemeineren Ursprung des Endprodukts zu deklarieren. Auf diese Weise konnten die Unternehmen die Herkunft bestimmter Inhaltsstoffe hervorheben, ohne dabei verpflichtet zu sein, auch die Herkunft bestimmter primärer Zutaten anzugeben, die für den Verbraucher weniger attraktiv sind. Es sei daran erinnert, dass bei einem Etikett ohne Angabe zum Ursprung des Endprodukts auch die Angabe zum Ursprung der primären Zutaten fakultativ wird.

Aus diesen Überlegungen ergibt sich einerseits ein gewisser Interessensverlust an der ganzen Thematik und andererseits der Rückgriff auf Hilfsmittel, die zwar rechtmäßig sind, aber den Zweck haben, die EU-VO 775/2018 nicht anwenden zu müssen.

Aus diesen Gründen scheint die Bilanz nach ca. einem Jahr des Inkrafttretens der EU-Verordnung 775/2018 nicht positiv zu sein: Eine Verordnung, die theoretisch konzipiert und eingeführt wurde, um mehr Informationen über die Herkunft von Lebensmitteln und deren Zutaten bereitzustellen, hat in der Praxis zu oft zum gegenteiligen Ergebnis geführt, nämlich zum Verzicht auf die Übermittlung dieser Informationen oder, wenn möglich, zur Anwendung von Tricks, die darauf abzielen, sie nur teilweise bereitzustellen.

Alles in allem scheint der Beitrag, welchen nationale Verordnungen, wie z.B. jene für Teigwaren, Reis, Tomatenderivate und Milch, zur Herkunftsinformation leisten, viel konkreter und positiver zu sein. Trotz der Schwankungen in ihrer Anwendbarkeit geben diese Verordnungen heutzutage genauere Hinweise darauf, was jeweils als primäre Zutat zu verstehen ist und wie der Ursprung jeweils ausgedrückt werden sollte.

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